INTERVIEW Zweifel über den Ausgang von Hawaii kommen Triathlet Achim Groenhagen erst sechs Tage vor dem Start
Der Emder hat bereits hochgesteckte Ziele für das kommende Jahr. Unterstützung der Gattin ist ihm sicher.
VON KATHRIN KRAFT EMDEN/AURICH
Dass der Triathlonsport früher oder später süchtig macht, haben schon viele Sportler aus diesem Metier bestätigt. Ist der Ehrgeiz erst einmal gepackt, lautet das langfristige Ziel oft: Ironman – Langdistanz. Und für die richtig Guten gibt es da nur einen Wettkampf: den Ironman Hawaii. Auch Achim Groenhagen, Ausdauersportler aus Emden in Diensten der LG Harlingerland und des TCO „Die Bären“, hat sich dieses Ziel gesetzt und im Oktober eine beeindruckende HawaiiPremiere gefeiert. 9:29:32 Stunden benötigte er für die 226 Kilometer lange Gesamtdistanz – das bedeutete Rang 135 in der Gesamtwertung und als bester Deutscher Platz sechs in der Altersklassenwertung. Im Interview mit unserer Zeitung ließ Achim Groenhagen das Abenteuer Hawaii noch einmal Revue passieren.
FRAGE: Herr Groenhagen, träumen Sie eigentlich noch manchmal vom Zieleinlauf und dem herbeigesehnten Satz „Achim, you are an Ironman“?
GROENHAGEN: Eigentlich hat man das hinterher erst alles realisiert. Als man ins Ziel kam, hat man sich riesig gefreut, die Spannung war weg, aber dann war erstmal alles wie bei jedem anderen Wettkampf auch. Ich bin durchgegangen, hab ein bisschen was gegessen, und die Augen offen gehalten, dass ich meine Frau und unseren Neffen irgendwo finde. Im Hotel habe ich geduscht, mich umgezogen, dann mein Fahrrad ausgecheckt, und erst, als wir abends noch mal rausgegangen sind an die Strecke, da dachte man sich dann: Sauber, da bist du vorhin auch durchgelaufen. Und so sah es in der Woche vorher wirklich nicht aus.
FRAGE: Was für Probleme hatten Sie denn im Vorfeld?
GROENHAGEN: Ich war eine Woche vorher nach einer Trainingseinheit ziemlich runter. Wo ich alles über den Kopf geworfen habe, was ich mir je irgendwie vorgestellt habe, wie es laufen könnte. Weil ich einfach überhaupt nicht mit der Hitze zurecht gekommen bin. Am Sonntag vorher habe ich eine Trainingseinheit komplett abgebrochen und gedacht: Das stehst du nie durch. Und so wollte ich an dem Samstag eigentlich nur durchkommen.
FRAGE: Das hat aber ja auch gut geklappt.
GROENHAGEN: Ja, am Wettkampftag lief es einfach. Die Schwimmzeit war absolut top, und da war man dann schon drin im Rennen. Vor dem Radfahren hatte ich ein bisschen Schiss, weil ich in der Trainingseinheit am Sonntag schon extrem hohe Pulswerte hatte. Da habe ich echt Respekt gehabt. Die Temperaturen gingen morgens um acht aber noch, daher bin ich recht gut reingekommen. Und was mir unheimlich geholfen hat, waren die Wasserstellen unterwegs. Da habe ich mir immer zwei Flaschen gekühltes Wasser über den ganzen Körper verteilt, und das hat dazu geführt, dass ich die Körpertemperatur immer niedrig halten konnte.
FRAGE: Wie lange hat Ihre Vorbereitung auf Hawaii gedauert?
GROENHAGEN: So richtig vorbereitet habe ich mich eigentlich auf Frankfurt, auf den Qualifikationswettkampf. Und das hat man ein Jahr vorher gewusst. Hawaii war ja mehr das Bonbon obendrauf. Seit zwei Jahren arbeite ich auch mit Ralf Lindschulten aus Hannover zusammen. Der schreibt mir alle Trainingspläne, und das klappt einfach hervorragend. Er hat auch diese ganze Vorbereitung geplant.
FRAGE: Ist Ihrer Frau das ständige Training nicht auf den Keks gegangen?
GROENHAGEN: Meine Frau unterstützt mich wo sie kann, geht überall mit hin und ist auch selbst sportbegeistert. Ich bin wirklich froh, dass ich sie habe und sie das alles so mitmacht. Das ist einfach toll.
FRAGE: Haben Sie sich während der Vorbereitung mal gefragt, ob das wirklich eine gute Idee war, den Ironman Hawaii anzugehen?
GROENHAGEN: Richtige Zweifel waren eben am Sonntag vorher da. Davor habe ich nie dran gezweifelt. Aber an dem Tag habe ich wirklich alles über Bord geschmissen und da war für mich nur das Thema: Am Samstag möchte ich nur ankommen. Wenn es nachher zwölf Stunden sind, ist es auch nicht schlimm.
FRAGE: Wie lange vor dem Wettkampf sind Sie nach Hawaii geflogen?
GROENHAGEN: Wir waren elf Tage vorher da, und das war auch genau das Richtige. Die Tage braucht man einfach, um sich an alles zu gewöhnen. Mit dem Jet-Leg war es ganz unkompliziert. Ich habe mich auf den Rat meines Trainers die 18 Stunden im Flieger komplett wachgehalten. Wir sind abends auf Hawaii angekommen und konnten direkt ins Bett gehen und schlafen.
FRAGE: Wie ist denn das Miteinander der Sportler im Vorfeld des Wettkampfes?
GROENHAGEN: Man traf sich morgens immer am Pier zum Schwimmen. Da kamen einfach alle – Amateure und Profis gleichermaßen. Da habe ich auch Jan Frodeno getroffen. Man unterhält sich, macht Fotos, das ist schon ganz interessant.
FRAGE: Haben Sie in der Nacht vorm Start gut geschlafen?
GROENHAGEN: Gut schläft man vor einem Wettkampf nie. Man ist schon ein wenig aufgeregt und dreht sich von links nach rechts. Das habe ich aber auch sonst vor Wettkämpfen. Um halb vier war die Nacht vorbei, und dann flog die Zeit auch dahin.
FRAGE: Macht man sich eigentlich Gedanken über einen Sonnenbrand? Auf Hawaii brennt die Sonne ja schon ein bisschen anders als in Ostfriesland.
GROENHAGEN: Ich habe das Glück, von Natur aus recht dunkel zu sein. Ich habe mich vorher ganz normal mit Sonnenmilch eingecremt. Aber da standen tatsächlich Leute, die die Sportler nach dem Schwimmen noch mal eingeschmiert haben.
FRAGE: Über was denkt man während eines so langen Wettkampfes nach? Zeit ist ja genug.
GROENHAGEN: Ich denke über nichts Besonderes nach. Ich bin dann voll im Rennen und konzentriere mich eher auf die jeweils kommenden Abschnitte. So arbeitet man sich immer vom nächsten zum nächsten.
FRAGE: Haben Sie an irgendeiner Stelle des Rennens mal daran gedacht, aufzugeben?
GROENHAGEN: Nein, habe ich nicht. Ich habe mich von der ersten Minute an wohlgefühlt und nicht einmal dran gedacht, dass es nicht klappen könnte.
FRAGE: Mit welchen Gefühlen sind Sie dann schließlich über die Ziellinie gelaufen?
GROENHAGEN: Das war schon Freude. Ich bin ja eigentlich eher ein verhaltener Läufer, aber das war da anders. Es kommt selten vor, dass ich die Arme hochreiße und schreie – aber hier war es eben etwas ganz Besonderes.
FRAGE: Im Anschluss an den Wettkampf haben Sie noch ein paar Tage Urlaub am Pazifik drangehängt. Haben Sie sich in der Zeit eine Sportpause gegönnt?
GROENHAGEN: Richtig, wir waren noch in Honolulu, das war für uns wirklich ein Kulturschock. Wir haben gedacht, wir sind in New York, so eine riesige Stadt war das. Und anschließend waren wir auf Maui. Auf diese Reise habe ich aber gar keine Sportsachen mitgenommen. Die zwei Wochen waren also wirklich Urlaub, und ich war auch froh, dass es erstmal vorbei war. Erst als wir wieder zu Hause waren, musste ich mich zusammenreißen, um nicht gleich wieder laufen zu gehen.
FRAGE: Mittlerweile sind Sie wieder mitten im Training – was ist das nächste Ziel?
GROENHAGEN: Die Weltmeisterschaft 2015 auf der Mitteldistanz würde ich gerne machen. Die ist in Zell am See in Österreich und damit verhältnismäßig in der Nähe. Gerade habe ich Bescheid bekommen, dass ich einen Startplatz für die Qualifikation im Kraichgau bekommen habe.
FRAGE: Und was ist mit Hawaii? Soll es dort auch noch einmal hingehen oder bleibt 2014 ein einmaliges Abenteuer?
GROENHAGEN: Ich könnte mir Hawaii schon noch einmal vorstellen, aber nicht im nächsten und nicht im übernächsten Jahr – dann vielleicht. Ich würde gerne noch einmal starten mit dem Wissen, das ich jetzt habe.